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Rose Ravenstein
 

Das Geheimnis der vergessenen Worte

Kapitel 30

 

Der Samstag, an dem Ole seinen Geburtstag im Phantasialand feiern wollte, zog warm und strahlend herauf. Er wurde im Laufe des Tages auch nicht zu heiß, sodass alle in guter Stimmung waren, als sie sich vor dem Eingangstor trafen, neben dem sich die Parkplätze reihten.

Anna stand schon wartend vor dem Tor und winkte, als Henriks Pickup vorfuhr. Und kaum, dass Viola einen Fuß auf den Boden gesetzt hatte, war sie schon bei der Freundin und umhalste sie. „Ich freue mich so für dich, Veilchen“, flüsterte sie an Violas Ohr. „Stiehlst einfach den begehrtesten Mann vom Markt… Das gibt aber lange Gesichter bei der Konkurrenz. Ich bin auch ein bisschen neidisch, ehrlich.“

Viola lachte und drückte die Freundin. Schweigend, innig, lange. Anna nahm Henriks ausgestreckte Pranke, sah zu ihm hinauf. „Wie kommst du denn da eigentlich immer zu ihm hinauf?“ fragte sie dann lachend zu Viola gewandt.

„Och, wenn ich mal nicht rauf komme, dann kommt er einfach runter.“

Henrik schüttelte Annas Hand. „Wir beide müssen heute Burgfrieden schließen, denn Ole ist die Hauptperson und erwartet einen streitfreien Tag.“

„Streiten wir uns denn?“ Anna reckte herausfordernd die Kinnspitze aufwärts. „Aber in Ordnung, Ole und Viola zuliebe. Wenn Sie sich nicht daran halten, schicke ich Ihnen noch

nachträglich die Rechnung für die Reparatur der Beule in meinem Auto. Sie liegt schon seit einiger Zeit bei mir auf dem Schreibtisch, aber bei Violas Geburtstagsfeier im Café wollte ich nun doch nicht auf das Thema zu sprechen kommen.“

Henrik hob abwehrend die Hand. „ Wie rücksichtsvoll. Ich habe aber auch eine Rechnung für Sie. Für eine neue Mülltonne.“

„So, jetzt Schluss mit den Freundlichkeiten.“ Troll nahm Ole an die Hand, nachdem Anna dem Geburtstagskind gratuliert hatte, mit der anderen hakte er Anna unter. „Ich bin schon ganz wild auf die Colorado-Bahn und auf das Eis von Ole.“Er zog die beiden einfach mit sich. Hinter ihnen legte Henrik seinen Arm um Violas Taille und drückte ihr schnell einen Kuss auf die Wange. Es folgten ein paar Stunden voller Rasanz, Drehungen bis kurz vor dem Schlechtwerden, Farbenrausch, Musikkaskaden, übermütigem Lachen, schließlich Erschöpfung, sodass sie sich auf eine freie Bank auf der Terrasse eines Restaurants fallen ließen. „Jetzt bin ich platt!“stöhnte Troll und strich seine spärlichen Haare an den Schläfen glatt. Henrik reichte Ole dessen Brustbeutel, den er für ihn aufbewahrt hatte, hinüber. „Großer Häuptling, jetzt bist du an der Reihe. Eis spendieren.“

Ole prüfte an seinen Hinterkopf, ob die Adlerfeder noch in dem Indianer-Stirnband steckte, das Viola ihm gekauft hatte. „Ich bin noch satt von den Fritten und Hamburgern von heute Mittag, aber ein Eis geht sicher rein.“ Er legte prüfend die Hand auf seinen Bauch.

Wenige Minuten später löffelten alle genießend ihr Eis. Troll hatte seine freie Linke um Annas Schulter gelegt. Und mit gespielt triumphierendem Blick auf Henrik und Viola, rief er: “Anna und ich sind das Ersatz-Paar, falls die beiden Täubchen da schlappmachen.“

Anna lachte hell auf. „Schlappmachen? Da kennst du aber meine Viola nicht!“ Sie wandte ihr Gesicht Viola zu, die neben ihr saß. „Oder bist du schon müde, Veilchen?“

Viola hörte nicht recht zu. Sie spürte unter der Bank Henriks nackte Füße. Er hatte seine Sandalen ausgezogen, und die Innenseiten seiner Füße hielten ihre eine Wade fest, bewegten sich sanft massierend. Und über dem Tisch hielt er Violas Blick so intensiv gefangen, dass ihre sonst schon tiefbrauen Pupillen nun fast schwarz waren. Ein Flattern der Halsschlagader und das Heben und Senken ihrer Brust unter tiefen Atemzügen verrieten ihre Erregung. Sie schlüpfte nun auch mit ihrem noch freien Fuß aus ihrer Sandale, legte ihn auf Henriks Füße und drückte zurück. „Veilchen!“erinnerte da Annas Stimme. „Ich hatte dich was gefragt. Ob du schon müde seist.“ Halblaut und leicht heiser antwortete Viola tief in Henriks Blick hinein: “Nein, bin ich nicht. Ganz im Gegenteil.“

 

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